Heisse Wellenfahrt nach Pilsen

Bereits verlasse ich Prag wieder, geniesse jedoch vor der eigentlichen Radetappe noch ein Frühstück in der Stadt. Ein nettes Café / Bäckerei lässt sich auf Anhieb nicht finden, so werde ich dann in der Kantine des Plavecky Schwimm Stadions am Südrand von Prag immerhin fündig. Die Selbstbedienungs-Kantine hat den Stil einer Mensa in den 1980er-Jahren, immerhin kann man auch draussen sitzen (und hat somit Fahrrad und Gepäck immer im Blick). Interessanterweise verstehen die Kantine-Mitarbeiterinnen ausser „Orange Juice“ kein Wort von meinem Englisch, aber da man sich ja selber bedienen kann, ist dies ja auch nicht so ein grosses Problem. Interessant ist hier auch, dass einige rüstige Rentner schon um 8:30 am Morgen beim grossen Bier sitzen (ähnliches hatte ich schon am Vortag anderswo beobachtet). Also wenn man in Tschechien am frühen Morgen (Nationalgetränk) Bier trinkt, hat man noch lange nicht das Image eines Alkies. Mit aufgetankten Kalorientank geht es dann südwärts der Moldau folgend noch ein Stück. Nach rund 15 km verlasse ich die Moldau und zweige westwärts ab, dem Zufluss namens Berounka folgend. Ich bin nun in Mittelböhmen, landschaftlich sieht es aus wie im urtümlichen Aargau oder im Thurgau: Bauerndörfer, Kornfelder, sanfte bewaldete Hügel mit Mischwald. Bis Kilometer 36 kann ich flach dem Fluss folgen, danach geht der Fluss in eine andere Richtung und meine Wellenfahrt beginnt. Irgendwo hole ich einen anderen Tourenfahrer ein (es hat quasi keine Tourenfahrer hier) und wir kommen ins Gespräche. Der Tourenfahrer heisst Jan und ist ein Taxifahrer aus Prag, welcher heute zu einer einwöchigen Radtour durch Tschechien aufbricht. Wir fahren ein rechtes Stück zusammen weiter, in Lochovice entscheiden wir, noch einen Trinkstop zu machen (es ist rund 35 Grad heiss heute), ich darf vom edlen Kytinska Bier (Qualitätslabel 12!) probieren, das Jan am frühen morgen in einer kleine Brauerei gekauft hatte. Kurz darauf trennen sich unsere Wege wieder, ich fahre westwärts weiter, immer leicht ansteigend, bis auf eine Meereshöhe von 600 Meter. Hier erinnert die Landschaft eher an den Neuenburger Jura, nur sind die zusammenhängendnen Tannenwald Gebiete hier ungleich riesiger. Ich erreiche den Kreis Plzen, nach Rokycany folge ich blöderweise wieder mal der offiziellen Radroute und ende in einem Radwegabschnitt der eher das Prädikat „Bachbett“ verdient, wo ich abschnittweise Schieben muss. Schade… auf Begeisterung erfolgt leider immer wieder Ernüchterung in Tschechien. Nichtsdestotrotz entschädigen Landschaft und schöne Ortsbilder für diese Strapazen. Nach einer letzten Welle rolle ich nach knapp 120 Kilometern gegen 19 Uhr in die Stadt Pilsen hinein.

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